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„Fühl mal. Das ist Jelt-Denim, den hat Lee 1925 erfunden. Das Garn wird stärker gedreht, dadurch ist der Stoff leicht, aber beständig wie ein schwererer. Das Moderne daran ist, dass wir für den Schuss recycelten Denim verwendet haben. Da ist so viel mehr Storytelling möglich!“ Michael Kampe streicht begeistert über das Hosenbein. Der gebürtige Hamburger ist nach Stationen bei Diesel, Scotch & Soda und Hugo Boss Creative Director für Europa und den Mittleren Osten bei der US-amerikanischen Jeansmarke Lee.
Er ist aus der Europazentrale in Antwerpen nach Berlin gekommen, um Mitte Januar auf der Berliner Modemesse Seek für Streetwear die neue Nachhaltigkeitsstrategie des Labels vorzustellen. Lee gehört mit Levis und Wrangler zu den Big Three des Jeansbusiness und vermarktet sich wie diese als wichtiger Teil der Geschichte der USA. Im letzten Jahr feierte Lee den 130. Geburtstag mit der Wiederauflage alter Hosen um an die Ursprünge in Kansas zu erinnern. Levis deckte früher den Bedarf von Minenarbeitern, Wrangler den der Cowboys. Auch Lee hält an dem Image fest, die amerikanischen Arbeiter eingekleidet zu haben, obwohl das Label in den siebziger Jahren die Produktion von Arbeitsbekleidung einstellte. Heute vertreibt Lee seine Jeans ganz volksnah über die Supermarktkette Walmart.
Wenn die Hose auf dem Kompost landet, wäre bald nichts von ihr übrig
Michael Kampe greift sich die nächste Jeans vom Ständer und wendet das Innere der weißen Hose nach außen. Auf den Taschenbeutel ist eine Anleitung gedruckt, die beschreibt, wie man die Knöpfe abschrauben kann. „Der Rest der Hose kann einfach kompostiert werden. In ein paar Wochen wäre nichts mehr übrig“, erklärt er. „Back to Nature“ lautet der Name der vier Stücke, die das Maximum an nachhaltiger Produktion in Lees Kampagne repräsentieren. Alles ohne Rückstände biologisch abbaubar, ungefärbt, kein Stretch, keine Nieten. Es gibt zwei Hosen und zwei Jacken, die das Design des klassischen Rider Jacket aufnehmen, wie Marilyn Monroe es 1961 auf dem Set von „The Misfits“ trug.
Aber zu Ende gedacht ist es nicht wirklich sinnvoll, Kleidung auf den Komposthaufen zu werfen. Es gibt bessere Methoden, mit der Ressource umzugehen. Zeitgemäß wäre es, den Rohstoff zu sichern und den Einsatz von Wasser, Energie und Chemie zu verringern.
So wird die Geschichte nicht rund, auch weil Lee in seiner Produktion zwar Recycling einsetzt, aber kein wirklich zirkuläres System anzubieten hat, wie es beispielsweise das niederländische Label Mud Jeans mit seinem Leasing- und Recyclingkonzept vormacht.
Dabei steht das Massenprodukt mit seiner extremen Oberflächenbehandlung besonders in der Kritik. Bis zu 10 000 Liter Wasser verbraucht die Produktion einer einzigen Jeans. Für den Used-Look wird das Sandstrahlen eingesetzt, das die Lungen der unterbezahlten Arbeiter zerstört. Zum Schutz der Baumwoll-Monokulturen und für die aufwendigen Färbeprozesse sind Hunderte von Chemikalien im Gebrauch.
Lee ist spät dran in Sachen Nachhaltigkeit
In den vergangenen zehn Jahren haben viele junge Unternehmen gezeigt, wie es besser geht mit Bio-Baumwolle oder Leinen und Hanf, recycelten Fasern, mit fairer Produktion, weniger bis keinen Chemikalien und Laser statt Sandstrahlen. Die neuen Möglichkeiten und die steigende Nachfrage lassen auch den großen Marken keine Wahl als mitzumachen. Wie schwer das bei allem Fortschritt ist, zeigte der Bericht von Öko-Test im letzten Jahr. Nur eine von 20 Jeans im Test wurde empfohlen.
Lee ist also spät dran in Sachen Nachhaltigkeit. Während Lee in einer Art Manifest allgemeine Absichtserklärungen zum Wohl der Umwelt und der Menschen abgibt, ziehen Konkurrenten wie Levis in diesem Jahr Bilanz bei konkreten Zielen, die sie sich vor Jahren für 2020 gesetzt haben. Greenhorn Lee listet einfach alle Punkte auf, wo das Label in Sachen Nachhaltigkeit ansetzt, ohne zu quantifizieren oder wirklich transparent zu werden. Wie beim Schaumfärbeverfahren Indigood, das von Wrangler, zur selben Unternehmensgruppe wie Lee gehörig, im vergangenen Jahr vorgestellt wurde. Dafür werden kein Wasser, 89 Prozent weniger Chemikalien und 65 Prozent weniger Strom benötigt. Bis jetzt wird nur ein Bruchteil der Produkte von Lee so behandelt. Konkrete Ziele kündigt die Marke für Ende des Jahres nach Beratungen mit Experten und Stakeholdern und ersten Erfahrungen im Geschäft mit der Nachhaltigkeit an.
Trotz seiner unausgereiften Strategie hat Lee gute Chancen, weiter auf dem Markt zu bestehen. Die drei amerikanischen Jeans-Marken besitzen die Sorte von Authentizität, von der andere Label träumen. Traditionsmarken haben besonders in Krisenzeiten Konjunktur, weil sie eine sichere Wahl versprechen. Und Menschen, die von der Nachhaltigkeitsproblematik überfordert sind, möchten lieber vertrauen, als zu prüfen. Als Freund der kleinen Leute schlägt Michael Kampe einen kumpeligen Ton an: „Ich bin glücklich, dass wir das zeitlich auf die Kette bekommen haben, im rechtzeitigen Moment den Aufbau zu haben, nicht nur die Geschichte zu zeigen, sondern auch die Umsetzung dieser Geschichte ins Produkt. Wir wollen nicht abgehoben sein, sondern sagen: Hey, wir haben 2020 erst angefangen mit der Nachhaltigkeit, aber kommt mit uns auf diese Reise.“
Klar, dass Lee dabei jüngere Labels, bei denen die Nachhaltigkeit der Markenkern ist, nicht so bald einholen wird. Als Teile des riesigen Mutterkonzerns VF Corporation gerieten Lee und Wrangler ins Abseits, als der boomende Outdoor-Bereich mit Marken wie The Northface und Timberland höhere Umsätze versprach. Erst 2018, mit der Abspaltung als eigenständiges börsennotiertes Unternehmen Kontoor Brands, schien es für Lee und Wrangler möglich, langfristige Strategien zu entwerfen.
Die heißesten jungen Designer bespielten eine Installation für Lee
So ist es wohl der Mut der Verzweiflung, dass sich Lee die Kopenhagener Modewoche als Ort für die offizielle Präsentation seiner Initiative aussuchte. Die Messe „Copenhagen International Fashion Fair“ nimmt beim Thema Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle ein und will der Branche mit ihrem „Sustainability-Action“-Plan Beine machen.
Lee war dort Partner für den Projektbereich „A.R.T.“, was übersetzt so viel wie ändern, reparieren, umwandeln bedeutet. Die Besucher konnten ungenutzte Lagerbestände mithilfe von Experten upcyceln und die heißesten jungen Designer im Bereich der Nachhaltigkeit, Bethany Williams und Duran Lantink, bespielten eine Installation mit avantgardistischen Entwürfen, die sie ebenfalls aus Lees Lagerbeständen gestaltet hatten.
Lee beschränkt diese Kooperation auf die Kopenhagener Modewoche und deren modeaffines Publikum. Dabei hätte die Zusammenarbeit mit Lantink und Williams, die Nachhaltigkeit mit sozialen Fragestellungen verknüpfen, durchaus eine moderne Interpretation von Lees Firmenphilosophie „Innovationen für die arbeitenden Menschen“ sein können.
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